Weine erzählen
Die hier beschriebenen Weine entstammen allesamt handwerklichen Produktionsmethoden.
Folgende Kriterien haben für mich entscheidende Bedeutung:
Biologische oder biodynamische Bewirtschaftung im Weingarten
Spontane Vergärung
Kein Einsatz von Chemikalien mit Ausnahme von SO₂
Keine Aufsäuerung und Chaptaliserung
Verzicht auf eine Vielzahl physikalischer Interventionen (z.B. Umkehrosmose, Mikrooxidation, Zentrifugierung, Mikrofiltration)
Viele der hier besprochenen Weine werden gerne in die Kategorie der Naturweine geschoben. So wichtig und gut ich die Weine finde, irritiert mich doch der Begriff Naturwein: Zum einen wird durch die Betonung der Natur der kulturelle Faktor ignoriert oder zumindest stark relativiert. Dabei sind gerade die Handschrift des Winzers, seine Herangehensweise, seine Ideen und seine Erfahrung essentiell für die Entstehung guter und großer Weine.
Zum anderen und in gewisser Weise ergänzend sind es vor allem jene Winzer, die ganz bewusst den Blick auf lokale Traditionen (Rebsorten, Erziehungs- und Ausbaumethoden, tradiertes Wissen) richten und ganz wesentlich dafür verantwortlich sind, dass die Weinwelt divers bleibt. Beide Aspekte spielen folglich in meinem Selbstverständnis von Wein eine wesentliche Rolle
De Fermo, Launegild Chardonnay 2018
De Fermos biodynamisch bewirtschaftete Chardonnay-Weingärten befinden sich in Loreto Aprutino auf halbem Weg zwischen der Adria und dem 2912 Meter hohen Gran Sasso, dem höchsten Berg zwischen den Alpen und dem Ätna. Gepflanzt wurde er erstaunlicherweise bereits 1926, also gut 50 Jahre bevor der Chardonnay-Boom die Sorte auch noch in die verstecktesten Winkel der Welt trug und zwar von jemandem, der ziemlich genau wusste, was er tat. Die Reben wurzeln in einem von Kalk geprägten Hang – gut durchlüftet und beeinflusst von kühlen Fallwinden aus dem Gran Sasso Massiv finden sie dort einwandfreie Bedingungen vor.
Stefano Papetti vergärt seinen Chardonnay spontan und füllt ihn danach in Tonneaux, wo er über die nächsten zwölf Monate in aller Ruhe sein Gleichgewicht findet.
Stil
Salzig, steinig, dicht und druckvoll. Mineralisch. Blüten & gelbe Frucht. Konzentriert, stoffig und dabei immer elegant. Fließt ruhig aber direkt über den Gaumen. Öffnet sich zunehmend mit Luft. Wird sich über Jahre hinweg entwickeln. Wer sich also einen Vorrat davon in den Keller legt, macht mit Sicherheit keinen Fehler.
Datenblatt
Rebsorte: 100% Chardonnay
Jahrgang: 2018
Bewirtschaftungsart: biodynamisch
Weingarten: Zwischen der Adria und dem Gran Sasso gelegene Weingärten. Der Untergrund besteht aus Kalk und Ton.
Vergärung: spontan| wilde Hefen in Zementzisternen, in Holzfässern ohne Temperaturkontrolle
Ausbau: 12 Monate im Tonneaux
Filtration: nein
SO₂: unter 50 mg/l Gesamtschwefel
Alkoholgehalt: 12,50 % vol
Perfekte Trinkreife: ab sofort – 2030
Ca' de Noci, Sottobosco 2018
„Lambrusco ist der Treibstoff der Futuristen.“ (Filippo Tommaso Marinetti)
„Lambrusco ist der rote Champagner.“ (Arrigo Levi)
„Lambrusco ist der Nektar der Götter.“ (Francesco Guccini)
Die drei Meinungen mögen eventuell nicht von allen geteilt werden, aber wird Lambrusco von den richtigen Personen und mit der entsprechenden Sorgfalt gekeltert, kann er schon richtig gut sein. Staubtrocken, dunkelviolett, federleicht, originell, lebhaft, unbeschwert, vibrierend, originell, substantiell, animierend, süffig, temperamentvoll, kompakt, vollmundig u.v.m..
Ca‘ de Noci beispielsweise macht fantastischen Lambrusco.
Alberto & Giovanni Masini verwenden für ihre Interpretation vier autochthone Sorten – Grasparossa, Malbo Gentile, Montericco und Sgavetta – die früh gelesen, spontan vergoren und in Zement- und Stahltanks ausgebaut werden, ehe sie gemeinsam eine Zweitgärung in der Flasche durchlaufen. Anders als die meisten Schaumweine, die nach der mèthode traditionelle vergoren sind, degorgiert Ca‘ de Noci seinen Lambrusco nicht.
Stil
Dunkelvioletter, sich langsam in Richtung purpurfarben auflösender Schaum. Heidelbeeren, Menthol, mediterrane Kräuter, Unterholz, prickelnde, subtile und zarte Perlage, pulsierende Säure, spürbare aber feine Tannine, dunkelfruchtiger Gaumen, süffiges, lebhaftes und extrem animierendes Finish.
Datenblatt
Rebsorte: Grasparossa, Montericco, Malbo gentile, Sgavetta
Bewirtschaftungsart: biologisch
Weingarten: vorwiegend Ton-Lehm Böden, fast ausschließlich Handarbeit
Lese: per Hand
Vergärung: spontan | wilde Hefen
Ausbau: 6 Monate in Stahl und Zement, Zweitgärung in der Flasche, kein Degorgement, keine Dosage
Filtration: nein
SO₂: ungeschwefelt
Alkoholgehalt: 10,5 % vol
Trinktemperatur: 8-10 °C
Perfekte Trinkreife: innerhalb von fünf Jahren
Bezugsquelle: Ca‘ de Noci gibt es bei www.vinonudo.at
Giuseppe Sedilesu, Mamuthone 2016
Mamoiada liegt in der Barbagia, dem alten Banditenland Sardiniens. In der Zwischenzeit haben Touristen ihren Platz eingenommen, was nicht bedeutet, dass es nicht auch noch Menschen und Phänomene gibt, die sich der Moderne verweigern. Die Hirten beispielsweise, die weiterhin ihre Schafe über die Macchia treiben. Und auch die Weinbauern, die sich trotz der üblichen Avancen der Agroindustrie keinen Giftschrank eingerichtet haben.
Das ist vermutlich weniger einem heroischen ökologischen Bewusstsein geschuldet, sondern der Tatsache, dass es einfach keine Grund gibt, viel zu spritzen. Die natürlichen Voraussetzungen sind derart perfekt, dass nicht einmal die Notwendigkeit besteht, Kupfer gegen Peronospora auszubringen. Von April bis Oktober regnet es quasi nie und wenn es doch einmal passiert, trocknet ihn der vom Gebirge runterpfeifende Wind sofort wieder auf.
Die große Rebsorte von Mamoiada ist Cannonau und die ersten, die die daraus gekelterten Weine auch über die Regionsgrenzen hinaus verkauften, waren Giuseppe Sedilesu und seine mittlerweile das Weingut leitende Kinder. Sie begannen im Jahr 2000 als erste Familie in Mamoiada ihre Weine in Flaschen zu füllen (bis vor 10 Jahren gab es drei Weingüter, die nicht nur Fasswein verkauften, mittlerweile sind es gut Zwanzig).
Einer der Meilensteine Sedilesus ist der Mamuthone. Seine Trauben stammen von unterschiedlichsten Weingärten rund um Mamoiada und werden für gewöhnlich Anfang Oktober unter der nicht mehr ganz so heißen Herbstsonne gelesen. Er wird für 12-15 Tage auf der Maische belassen, danach sanft abgepresst und in großen Holzfässern über ein Jahr gereift, ehe er ungefiltert wird.
Stil
Cannonau aus Mamoiada ist, wenn es um den Alkohol geht, eine zutiefst seriöse Angelegenheit. Unter 15 % Alkohol gibt es so gut wie keinen Wein, was ganz einfach damit zu tun hat, dass es in Mamoiada ab Mai tagsüber heiß ist und Cannonau die Fähigkeit hat, Zucker entsprechend einzulagern. Dass die Weine trotzdem Trinkfluss haben, liegt daran, dass die Weingärten alle zwischen 500 und 800 Meter hoch liegen, die Nächte also frisch sind und Raum für kühle Noten und Säure im Wein lassen.
Der Mamuthone ist dicht, stoffig und intensiv. Die Frucht ist dunkel, mit süßen Gewürzen im Hintergrund, der Körper ist kraftvoll und strukturiert, das Finish warm und weich
Datenblatt
Rebsorte: Cannonau
Bewirtschaftungsart: biologisch
Weingarten: zwischen 600-700 Meter gelegen
Lese: per Hand
Vergärung: spontan | wilde Hefen
Ausbau: 12 Monate in 4000 Liter großen Holzfässern
Filtration: nein
SO₂: < 50 mg/l
Alkoholgehalt: 15 % vol
Trinktemperatur: 15-17 °C
Perfekte Trinkreife: ab sofort – 2025
Detailbeschreibungen einzelner Weine
De Fermo: Launegild Chardonnay 2018
Cà de Noci: Sottobosco
Cà de Noci: Le Querciole
Cà de Noci: Le Rose
Giuseppe Sedilesu: Mamuthone 2015
Aldo Viola: Moretto
Aldo Viola: Guarini Coccinella
Aldo Viola: Guarini Plus
Aldo Viola: Biancoviola
Gueli: Erbatino
Gueli: U’russu
Gueli: U’Carusu
Colombera & Garella: Coste della Sesia
Colombera & Garella: Bramaterra
Colombera & Garella: Lessona
Massavecchia: Ariento
Massavecchia: Batone
Massavecchia: Rosato
Antonio Perrino: Rossese di Dolceacqua
Tenuta Grillo: Sancho Panza
Tenuta Grillo. Pratoasciutto
Tenuta Grillo: Igiea
Tenuta Grillo: Pecoranera
Aldo Viola: Egesta
Aldo Viola: Krimiso
La Distesa: Nur
La Distesa. Gli Eremi
La Distesa: Terre Silvate
Podere Alberese: Chianti A Vento e Sole 2015
Pranzegg: Miau! 2017
Pranzegg: C—–ll 2015
Pranzegg: Caroline 2016
Pranzegg: Tonsur 2016
Pranzegg: Rosso Leggero 2017
Čotar: Teran 2011
Čotar: Vitovska 2013
Čotar: Crna
Čotar: Merlot 2006
Gueli: Nero d’Avola Erbatino 2015
Gueli: Nero d’Avola U’russu 2016
Garlider: Blauburgunder 2015
Garlider: Gewürztraminer 2016
Garlider: Grüner Veltliner 2016
Garlider: Müller-Thurgau 2017
Garlider: Sylvaner 2015
Franco Terpin: Ribolla Gialla 2013